Gedanken zum 1. Mai 2012

Vor Tagen stolperte ich über eine Zeitungsannonce, ein Stellenangebot:

400 €/Zeichner/Konstrukteur (auch ohne CAD Kenntnisse) für Stahl-, Maschinen-, und Vorrichtungsbau gesucht. Ihr Erfahrungsschatz ist uns und jungen Menschen wertvoll. Mehr unter:xyz.de

Was ist das für eine schäbige Unternehmenskultur? Da will eine Firma das lebenslang gesammelte Können eines hochqualifizierten Spezialisten abgreifen, für Lau, für lausige 4800 Euro jährlich. Ein Maschinenbauingenieur mit ein wenig Berufserfahrung ist nicht unter 61 bis 62 tausend Euro im Jahr zu bekommen CAD braucht nicht sein, tönt der Stellenanbieter großzügig, nur CAD haben die alle drauf, das ist Pflicht, dass weiß der Unternehmer auch, aber so klingt das unverschämte Angebot weniger dreist. Um seine Suche nach Kostenlos noch mehr zu verbrämen, greift die Firma in die soziale Schwindelecke, „sein Erfahrungsschatz für uns und junge Menschen ist wertvoll“ – aber es darf nicht mehr als 400 € im Monat kosten.

Für 400 € im Monat kann sich kein Mensch über Wasser halten, das reicht nicht für Lebensmittel, Miete, Krankenkasse, Altersvorsorge und all die anderen Dinge des Lebens, da muss vom Staat noch aufgestockt werden. Mit solchen Hungerlohnangeboten trampeln Handel und Industrie auf alle sozialen Errungenschaften des letzten Jahrhunderts herum und meinen ihr dreistes Angebot sei der Gipfel der Großzügigkeit, mehr kann selbst der sozialste Unternehmer nicht leisten.

400 € im Monat, ist weniger, viel weniger als ein Sklavenhalter in vergangenen Zeiten für seinen Sklaven aufbringen musste. Der musste, um des Sklaven Arbeitskraft zu erhalten, ihn verköstigen, kleiden, ein Dach über den Kopf geben, sich um seine Gesundheit kümmern und ihm im Alter das Gnadenbrot spendieren.

Vergleiche ich alte Zeit und neue Zeit, kann ich nur feststellen, besser ist’s nicht geworden für die Armen, eher schlechter. Besser, raffinierter geworden ist nur das Geschwafel von der sozialen Gerechtigkeit, die als Tünche fürs unsoziale Tun dient. Geht das Ausbeuten so weiter, wird es eines, vielleicht nicht zu fernen Tages, zu neuen Verteilungskämpfen kommen und neue Arbeiter und Bauern Staaten entstehen lassen, welch grausige Vorstellung. Wollen wir so etwas nicht, sollten die Erträge dieser Welt besser verteilt werden. Auch daran, an Gerechtigkeit beim Verteilen, soll der 1. Mai erinnern.

Ich wünsche allen Lesern einen schönen 1. Mai

2 Gedanken zu „Gedanken zum 1. Mai 2012

  1. L.

    Schon mal dran gedacht, dass mit der Annonce ein 400,-€ Job angeboten wurde? Also ein Mini-Job, bzw. eine geringfügige Beschäftigung mit wohl nicht mehr als acht Stunden in der Woche? Den Beitrag kann man nicht ernst nehmen.

    1. Bernd

      Mit acht Stunden die Woche wird’s wohl nichts sein, in dem Beruf. Obendrein braucht der Unternehmer den wertvollen: „Erfahrungsschatz für uns und junge Menschen“ – wertvolle Erfahrungen in acht Stunden pro Woche weitergeben und womöglich noch selber an einem Projekt Hand anlegen, m.E. funktioniert das nicht und das Ganze womöglich noch ohne CAD Kenntnisse?

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