Flüchtlinge, Asylanten, Einwanderer, Immigranten, Obdachlose, eine sich immer wiederholende Tragödie der Menschheitsgeschichte. Neuzeitlich wird das uralte Trauerspiel im christlichem Europa neu inszeniert, auch in Deutschland. Da scheinen mir die Worte von Thomas More recht passend.
Aus Sir Thomas More von Anthony Munday und Henry Chettle. Die Aufführung wurde vom Master of the Revels, Edmund Tillney verboten. Angenommen wird, dass es im Ganzen oder in Teilen von William Shakespeare überarbeitet wurde.
Zweite Akt, vierte Szene, Thomas More als Undersheriff von London während der Mai-Unruhen von 1517, bei dem eine xenophobe Brut Immigranten angriff.
Ihr wollt die Fremden niedermachen,
sie töten, ihnen ihre Häuser nehmen
und das Gesetz an eine Leine legen,
damit ihr ihm, wie einem Hund, entkommt!
Weh euch! Weh euch! Stellt euch doch einmal vor,
der König liesse Milde walten und
verbannte euch: wo suchtet ihr dann Zuflucht?
Bei welchem Volk, das sich verhält wie ihr,
bekamt ihr Schutz? Geht hin nach Frankreich, Flandern,
in deutsche Lande, Spanien, Portugal,
ja, irgendwohin, wo nicht England ist –
ihr wäret Fremde. Wie gefiels euch dann,
ein Volk zu finden, das, wie ihr Barbaren,
in furchtbare Gewalt ausbricht und euch
den Aufenthalt verwehrt, ja, euch stattdessen
das Messer wütend an die Kehle setzt
und euch wie Hunde fortjagt, so als ob
ihr nicht von Gott gemacht wärt und als fehlte
bei euch was, das nur sie alleine haben?
Was hieltet ihr von solcher Art Behandlung?
So ist das Los der Fremden hier bei uns,
und so ist euer Berg von Inhumanität!