Deutschlands arme Schweine

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[CC BY-SA]
Vor vielen, vielen Jahren hat man die Hälfte seines Einkommens in Lebensmittel gesteckt. Stimmt, da kann man ihr nicht widersprechen. „Ihr“, das ist Julia Klöckner, ihres Zeichens Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft. Da kommen flotte Sprüche wie: Hähnchenschenkel für 20 Cent pro 100 gr. sind unanständig. Oder, eher investiere Mann in Motoröl denn in Salatöl. Oder, Deutsche Verbraucher reden gerne vom Tierwohl, zahlen aber nichts dafür.

Warum hat die Ministerin nicht erwähnt, dass nur 20 bis 50 Prozent der Ware je nach Produkt an den Handel gehen, der Rest anderen Verwertungen zugeführt wird. Eine Gesundung der „notleidenden“ Bauern wird damit kaum machbar sein. Vergessen hat Julia Klöckner leider zu erwähnen, dass früher meist nur der Mann arbeiten ging und heute Mann und Frau und das früher von einem Verdienst die Miete gezahlt werden konnte, heute dagegen Mann und Frau im Niedriglohnland Deutschland ihre liebe Mühe haben die Kosten der Miete, die über die Hälfte des Einkommens frisst jeden Monat neu aufzubringen.

Was das Tierwohl angeht, da zahlen Menschen recht viel, auch die Deutschen, ich auch, bin jährlich mit einer größeren Menge dabei. Nur, was versteht Julia Klöckner unter Tierwohl? Das hat sie nicht verraten, sicherlich etwas ganz anderes als ich. Unter Tierwohl verstehe ich gesund gehaltene Tiere, die nicht in winzigen Käfigen vegetieren müssen. Unter Tierwohl verstehe ich auch, dass junge Ferkel, die kastriert werden, vorher betäubt werden. Unter Tierwohl verstehe ich auch, Freilandhaltung für alle Tiere, auch Hühner und das sie soviel Lebensraum haben, dass sie sich artgerecht bewegen können. Unter Tierwohl verstehe ich auch, dass überflüssige Hähnchen nicht einfach geschreddert werden.

Ferkel, denen man die Ringelschwänzchen absäbelt, damit sie nicht von den Stallgenossen abgefressen werden. Kastrieren der jährlich rund 20 Millionen Ferkel. Kastrieren ohne Betäubung sollte ab 2019 verboten sein. Die Bauern hatten fünf Jahre Zeit sich darauf vorzubereiten. Die Ministerin hat mit den Schweinehaltern verhandelt und Letztere haben, wie erwartet, gewonnen. Jetzt soll das Tierschutzgesetz geändert werden, damit weiter ohne Betäubung kastriert werden kann. Ein Tierwohl, welches ich nicht verstehe. Julia Klöckner versteht wahrscheinlich unter Tierwohl etwas ganz anderes.

Julia Klöckner, sieht die enge Käfighaltung der rund 1.8 Millionen Schweine jährlich vielleicht als eine Wohltat für die Tiere an, redet sie doch gerne vom Tierwohl. Die kleinen Einzelkäfige sind seit 1992 verboten, 2015 gab es sogar ein Urteil das für das Schweinewohl günstig war, es wurde 2016 vom BVG bestätigt. Die Minikäfighaltung soll von der Landwirtschaftsministerin legalisiert werden. Ein Verordnungsentwurf soll es ermöglichen. So sollen nach einer Übergangsfrist von maximal 17 Jahren die Käfige ein bißchen größer werden. Die Leiden der Tiere werden also noch 17 Jahre andauern, damit den Halter keine unbillige Härte trifft. Ministerin Klöckner meinte, dieser Verordnungsentwurf werde den Tierschutz deutlich verbessern. So kann man Tierwohl auch sehen.

Jetzt liegt es am Bundesrat, er kann das Ganze kippen oder die Übergangszeiten verkürzen, wenn ihm denn das Tierwohl am Herzen liegt. Nur liegt der CDU und SPD das Tierwohl am Herzen? Im Bundestag jedenfalls nicht.

Quellen:
https://www.usinger-anzeiger.de/lokales/wehrheim/bundeslandwirtschaftsministerin-julia-klockner-besucht-die-wehrheimer-mitte_19072300
https://www.stern.de/politik/deutschland/ferkel-kastration–zack–hoden-ab–das-sagt-ministerin-julia-kloeckner-im-stern-dazu-8342004.html
https://taz.de/CDU-will-zu-enge-Kaefige-legalisieren/!5644969/
Stefan Genth, Handelsverband Deutschland in der Tagesschau