Der Pappelkrieg von Berlin

Die Verlängerung der Stadtautobahn A 100 gefällt nicht jeden. Erst recht nicht, wenn dabei Bäume gefällt werden. Eine Pappel suchte sich als Geburtsort ein privates Gelände an der Neuköllnischen Allee aus. Mit Blick in die Zukunft keine so tolle Idee. Als die Pappel groß und stark war, ging das Grundstück in den Besitz des Bundes über. Schlechte Zukunftsaussichten für die grad erwachsene Pappel, überhaupt wenn die Stadt Straßen bauen will.

Vier junge Burschen wollten vor anderthalb Jahren unsere Pappel vor dem Tod durch eine dieser für Bäume tödlichen Kettensägen retten. Sie kletterten in die Baumkrone und kamen nicht mehr runter. Ein ganzes Jahr hielten sie durch, dann wurden sie mithilfe der Polizei auf den Boden geholt. Auf den Boden der Tatsachen, denn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung stellte bierernst einen Strafantrag und so kamen die die jungen Männer vors Amtsgericht Tiergarten.

Die Polizei erinnerte sich, dass sie beim Absteigen nachhelfen musste, was ja Widerstand gegen die Staatsgewalt sein könnte oder auch nicht. Zwei der Burschen meinten sie verließen das Gelände freiwillig ohne Hilfestellung durch die Beamten. Wer nun recht hat und wer nun recht bekommt, das liegt jetzt in des Richters Hand. Bei gerichtlichen Händen ist es wie mit Schiffen auf hoher See, man befindet sich in Gottes Hand.

Sie gehören zu denen, die ihre Haltung gegen den Ausbau Autobahn mit Taten untermauern. Die einkommensschwachen Menschen werden an den Rand der Stadt gedrängt. Kritisiert wird, dass durch den Weiterbau der Stadtautobahn Wohnraum vernichtet wird. Für den aktuellen Bauabschnitt werden zwei Häuser mitsamt Seitenflügeln und Hinterhäuser abgerissen werden. Die Politik verfolgt eine Doppelstrategie, Dialog mit denen, die sich den Plänen fügen, Repression gegen Menschen, die sich gegen diese Pläne engagieren.

Einige Politiker wollten, dass der Strafantrag zurückgezogen wird, weil es sich um eine symbolische Aktion zivilen Ungehorsams handle. Der damalige Senator für Stadtentwicklung Michael Müller (SPD) und heutige Regierende Bürgermeister von Berlin bekräftigte sein Vorhaben, an der Strafverfolgung der jungen Burschen festzuhalten. Jetzt ist der Prozess erst mal bis Ende Oktober vertagt.

Ziviler Ungehorsam, Auflehnen gegen die Vormachtstellung der Alten ist das Recht der Jugend und niemand sollte es ihnen nehmen. Erst recht nicht, für die reife Leistung ein Jahr lang auf den Ästen einer Baumkrone zu hocken. Die Jungen halten das für Demokratie, wir Alten wissen, Demokratie ist die Diktatur der Parteien. Oh Gott, was ist nur in die Berliner gefahren, sich solchen Regierenden auszukieken.