Wie war es denn so vor einigen Jahrtausenden, wenn Hunger, Krankheit, Krieg wüteten? Krieg wohl weniger, zur Zeit der Jäger und Sammler auf kaum besiedelten Land, eher unwahrscheinlich. Nehmen wir anstatt Krieg Viren und Bakterien, eben stinknormale Epidemien. Kamen solche schrecklichen Ereignisse über die Bevölkerung, wurde Essen und Trinken knapp, dann waren es die Götter, die mit irgendetwas unzufrieden waren. Um die da Oben zu besänftigen, musste ein Opfer oder besser viele Opfer her. Sehr beliebt war es, die Stammeskönige den Göttern zu weihen, meist auf recht brutale Art. Späteren Geschlechtern reichte der Anführer nicht mehr, es musste mehr sein und da fielen ihnen die unnützen Fresser der Gemeinschaft ein. Rente gab es ja noch nicht, so musste jede Sippe ihre Alten mit durchschleifen. Wie macht man das, wenn es nicht reicht, für Kinder, Frauen, Männer und Tiere? Selektieren war die praktische Antwort unserer Vorfahren.
https://geschichte-wissen.de/foren/viewtopic.php?t=4069
https://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-9583286.html
Die Zeiten änderten sich, man wurde human, christlich und schleppte die Alten mit durch. Dann wurde die Rentenversicherung geschaffen und die Überlebenschancen wurden besser. Nach 1945 haben dann in Deutschland einige kluge Männer erkannt, Selektion kommt bei unseren Nachbarn gar nicht gut an und schafften im Grundgesetz den
Art 3. (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
Das hat bis jetzt gut funktioniert. Nun haben wir aber eine Panepidemie. Das hat wohl bei einigen, natürlich, Deutschen, zum Nachdenken geführt, über das, was kommen wird. Das sind solche Sachen wie zunehmende Missernten, immer schneller galoppierenden Klimawandel. Überbevölkerung, woran die Regierenden nicht ganz unschuldig sind. Sie waren’s, die alle Zeit nach Nachwuchs schrien, als zukünftige Einzahler für die Rentenkasse, Soldaten für den Kaiser etc und Malocher in den Fabriken. Malocher brauchen wir immer weniger. Kriege sind auch nicht in Sicht. Durch die Panepidemie droht uns sogar der wirtschaftliche Abstieg. Da denkt man schon mal nach, über Selektion, weg mit dem was überflüssig ist.
So wundert es mich nicht, dass das brisante Thema auch ein Thema für Zeitungen wird, insbesondere bei Zeitungen, die sich leicht abgehoben als Erklärer fürs Volk verstehen. Mit einem vorsichtigem selektieren ging es am 21. April los. Da brachte mein „Tagesspiegel“ einen netten Artikel „Gleichheit und Gleichmacherei“ Da tastet sich die Autorin an die Materie heran. Ihr muss bewusst gewesen sein, hier kann es brenzlig werden. Also verpackte sie alle ihre Statements in Fragen und hypothetischen Antworten, im Bewusstsein, die Botschaft kommt auch so an. Ich selektierte auch, ihren Text. Schließlich können wir alle zwischen den Zeilen lesen. Sie fragte: „Sind Junge und Alte hier wesentlich gleich“. „[…]Älteren… dann eine Art Sonderopfer abverlangt würde“. Dann befasst sich Fatina Keiland mit der Frage, Isolation, Selbstisolation der Alten und ob sie das auch einhalten. Was, wenn der Alte sich nicht freiwillig isoliert? Er schafft Risiken. Nimmt womöglich jemanden das Intensivbett weg. […]diesen lockdown machen wir für euch – jetzt müsst ihr eben auch etwas für uns tun. Auch Junge und Gesunde und verzichten auf die Ausübung ihrer Grundrechte. Fazit, der Gesetzgeber könnte das Recht anpassen, damit Alte ausselektiert werden können. Man könnte doch den Alten ihre Rechte aus dem Grundgesetz beschneiden. Die Autorin meint, es besteht kein Recht auf Gleichmacherei, wie sie im Grundgesetz verankert ist. Das Ganze war auf Seite 6 – Meinungen – zu lesen.
Ein unglücklicher Ausrutscher dachte ich, wer kommt heute noch auf solche abstrusen Ideen. Ich kannte meinen „Tagesspiegel“ noch nicht. Am 25. April schlug er wieder zu, diesmal auf der Mantelseite, welche Ehre für uns Alte. Diesmal beschäftigte sich Anna Sauerbrey mit der Panepidemie. Sie zeigte das aus vielen Blättern schimmernde Gesicht einer genervten Mutter, Kind kann sich nicht alleine beschäftigen, stört. Ab vor die Glotze. Klar, Kinder stören bei der Selbstverwirklichung, wenn man es gewohnt ist seine Kinder fremd großziehen zu lassen. Dann schleicht sie sich ran. „Kinder und Jugendliche haben in der Krise am meisten verloren“. „Es wurde politisch so entschieden“. „Sie bringen dieses Opfer für ihre Großeltern. Wir schützen die Älteren“ Das die Alten die gleichen Opfer bringen mussten wie die Jungen, ist der klugen Redakteurin nicht in den Sinn gekommen. Dann rudert sie ein wenig auf der humanitären Schiene zurück, möchte keinen intergenerationellen Verteilungskonflikt. Rudert wieder vorwärts, „dennoch darf sich die Bundesregierung in der Krise nicht zur reinen Senioren und Wirtschaftsvertretung machen“. Also ich 76 habe bisher keinerlei Vorteile aus der Epidemie gezogen, aber man kann ja mal etwas in den Raum stellen, wird schon etwas hängen bleiben.
Frau Sauerbrey lässt die Katze aus dem Sack, sie beschäftigt sich mit der Selektion der Geldflüsse. „Bevor also jetzt die nächsten Fantastilliarden mobilisiert werden, um womöglich auch noch die Mehrwertsteuer auf Restaurantessen zu senken, muss die politische (sprich finanzielle) Energie auf Schulen und Kindertagesstätten umgeleitet werden.“ Die Redakteurin mit ihrem gelangweilten Kind zu Hause möchte wohl, dass in Schule und Kita mehr sie bedacht wird, nicht die anderen.
Menschlich voll verständlich. Sie hat da auch grandiose Ideen, die 150 Euro für einen Computer pro Kind sind ein Witz. Schul- und Kitaleitungen brauchen mehr von den Fantastilliarden, um unter anderem politischen Druck aufzubauen.
Und dann kommt Frau Sauerbrey zum Wesentlichen. Wer soll das bezahlen – Antwort, die Rentner. Auf die Eltern, als an sich Verantwortliche für den Nachwuchs, den sie ja für sich mit Vergnügen zeugten, ohne andere Menschen zu fragen, kommt sie nicht. Wie kommt sie darauf, dass die Rentner und Millionen anderer Menschen die Folgen ihres erfüllten Kinderwunsches finanzieren sollen?
Die Rentner bekommen eine Rentenerhöhung im Minibereich, die paar Kröten, hier ihr Beispiel 414 Euro/Anno, gönnt sie den Rentnern nicht. Für diese 414 Euro mehr Rente könnte man doch einem Kind ein iPad kaufen, eben das Beste, das Teuerste . Das zeigt doch, die Alten sind überflüssig, weg damit, oder irre ich hier? Nur dies kann ich mir nicht vorstellen.
So nun haben wir zwei Artikel im „Tagesspiegel“, die Selektion betreiben. In beiden Artikeln bleiben die Alten auf der Strecke. Kommen wir zum dritten Artikel dieser Bashing-Alten-Serie im „Tagesspiegel“ vom 26.04. Hier möchte ich mich ganz kurz fassen. Wolfgang Schäuble, Christdemokrat und Bundestagspräsident meint: Schutz von Leben steht nicht über allem. Lassen wir es dabei, Wolfgang Schäuble gehört selber zur Hochrisikogruppe. Von der Politik und vom chistlichem „C“ sollte er sich verabschieden, mit solcher gefährlichen Meinung
Am gleichem Tag warnt Shimon Stein, ehemaliger Botschafter in Deutschland, hier im „Tagesspiegel“ zu lesen, davor Risikogruppen als Ballastexistenzen zu sehen. Er warnt davor, wenn es um das Entweder – Oder geht, die Hochrisikogruppen im Regen stehen zu lassen. Die Welt mit wenigen Ausnahmen entschied sich durch Distanz schaffen den Massentod dieser Hochrisikogruppe zu verhindern. Durch die Lockerungsdiskussion zeichnet sich im Unterbewusstsein eine Sichtweise ab, diese Hochrisikogruppe als Ballastexistenzen wahrzunehmen.
Nach der Phase der Solidarität, kommt der soziale Darwinismus in Fahrt. Es geht um die neoliberale Denkweise, die auch in normalen Zeiten im Gesundheitsbereich eine darwinistische Selektion ermöglicht, deren Opfer die Schwächeren dieser Gesellschaft sind – und die nun nicht davor zurückschreckt, die Hochrisikogruppe zu opfern. Daher gilt es, den liberalen Sozialstaat als Bollwerk zu verteidigen.
Was wird da erst kommen, wenn der Klimawandel zu Verteilungskämpfen zwingt?
Hallo Bernd, die nächste Gesellschaftsordnung heisst ANARCHIE. Wann sie kommt – keine Ahnung, dass sie kommt – sicher.
Hi Ringo, dieses Zeitalter werde ich nicht mehr erleben. Viele andere, die deutlich jünger sind marschieren aber mit Siebenmeilenstiefeln darauf zu. Dabei ist der unerbittliche Gegner nicht die Anarchi sondern der Klimawandel, dem die Anarchi vielleicht auf dem Fuße folgen wird. Herzliche Grüße an Dich und deine Familie.